Dabei handelt es sich um ein eigenständiges Krankheitsbild. Wer daran erkrankt, bemerkt es schnell.  Anfangs blutet das Zahnfleisch zum Teil stark, es tritt bei Druck auf das Zahnfleisch weißer Eiter aus. Mit der Zeit verstärken sich die Zeichen. Es entstehen Spalten und Lücken zwischen den Vorderzähnen, manche werden länger und einzelne Zähne beginnen zu wackeln. Ein typischer unverwechselbarer, ekelhafter Mundgeruch kann dazu kommen. Im Endstadium sind die meisten Zähne wacklig und schief und die Erkrankten trauen sich fast nicht mehr richtig zu lächeln. Der Mundgeruch nimmt auch immer mehr zu. Die aggressive Parodontitis ist eine schlimme Krankheit und vor allem gefährlich.

Zunächst ist es wichtig zu verstehen, was dafür verantwortlich ist. Zum Trost: Nicht der Patient und vor allem nicht seine Zahnpflege; auch nicht, dass er eventuell raucht. Lassen Sie sich also keine Schuldgefühle einreden. Sie können nichts dafür. Sie sind ernsthaft krank und brauchen professionelle Hilfe, wenn Sie an einer aggressiven Parodontitis leiden.

Schämen Sie sich deshalb nicht und suchen Sie einen parodontologisch ausgebildeten Zahnarzt auf, der von dieser Krankheit etwas versteht. (Man kann ihn z.B. daran erkennen, dass er nicht an Ihrer Zahnpflege herumkritisiert und nicht schulterzuckend irgendetwas von Schicksal oder von einer Zukunft mit Zahnprothesen erzählt). Auch wenn man Sie operieren will ist das dafür nicht immer der richtige Weg.

Die Ursachen für die aggressive Parodontitis sind ausschließlich Mikroorganismen. Ganz spezifische und äußerst widerstandsfähige, raffinierte und perfekt angepasste Bakterien. Aggressive Bakterien eben.

Allein von deren Namen kann es einem schwindlig werden:
Treponoma denticola, Aggregatibacter actinomycetecomitans, Tanerella forsythia, Porhyromonas gingivalis, um nur die schlimmsten zu nennen.

Diese Bakterien kommen im gesunden Zahnfleisch nicht vor, nur bei der aggressiven Parodontitis.

Zum einen ist eine sogenannte genetische Disposition, also eine Art Veranlagung für Parodontitis notwendig. Sonst können die aggressiven Bakterien kein funktionales Ökosystem etablieren und damit keine Parodontose entstehen lassen. Wer für Parodontose genetisch empfänglich ist, muss sich noch mit den entsprechenden Bakterien anstecken. Das geht am besten bei noch nicht ausgereiftem Immunsystem, d.h. im Babyalter bis ca. 2 Jahre. In dieser Phase werden vor allem durch die Eltern viele Arten der Bakterien übertragen, die normalerweise im menschlichen Organismus vorkommen. Sind die Eltern oder andere frühkindliche Bezugspersonen mit Parodontosebakterien infiziert, können diese auch auf die Kinder übertragen werden. Gleichwohl bricht die Erkrankung erst im Erwachsenenalter aus.

In letzter Zeit wird manchmal auch eine Ansteckung zwischen Erwachsenen beobachtet. In diesem Fall muss auch der Lebenspartner mikrobiologisch untersucht und ggf. mitbehandelt werden.

Die aggressiven Bakterien bleiben nicht nur am Zahnfleisch, sondern verteilen sich im gesamten menschlichen Körper. Dort lösen sie eine Reihe entzündlicher Reaktionen aus. Vor allem geschieht das in den Blutgefäßen. Die Toxine (Giftstoffe) der aggressiven Bakterien sind in der Lage, über Entzündungsmediatoren (körpereigene Stoffe) Verkalkungen der Arterieninnenwände auszulösen (Arteriosklerose). Man weiß heute, dass deshalb Menschen mit aggressiver Parodontose ein stark erhöhtes Risiko für koronare Herzkrankheiten und Schlaganfall haben. Ferner kann die Parodontose Frühgeburten bewirken und Diabetes verstärken und nach Erkenntnissen in unserer Praxisklinik auch Schuppenflechte auslösen.

Aggressive Parodontitis ist also eine internistische Erkrankung, die sich zuerst am Zahnfleisch zeigt.